Was war das gestern für ein Tag! 12 Schleusen, 6 Dreh-, Klapp-, Schiebebrücken, 8 Fahrstunden, davon 2 Stunden auf Brücken / Schleusenöffnung gewartet, 1 Gopro Kamera versenkt, 6 ramponierte Fenderüberzüge und eine gestresste Ulli. So kann es weiter gehen! Nein, so schlimm war unser erster richtiger Kanaltag nun auch wieder nicht. Wir müssen uns nur noch auf die Langsamkeit des Reisens und die Wartezeiten einstellen. 22 km in 8 Stunden ist nun nicht wirklich viel. Dabei knallte der Lorenz mit voller Kraft und es wehte kein Lüftchen. Heute bleiben wir in Norsholm und legen einen Wasch- Putztag ein, große Wäsche und Generalreinigung der Ratzfatz stehen auf dem Programm.
Stegeborg – Söderköping (Göta-Kanal) ca. 9 Seemeilen
So jetzt sind wir drin, im blauen Band von Schweden und haben bereits unsere ersten beiden Schleusen erfolgreich hinter uns gelassen. Somit sind es nur noch 56 Schleusen im Göta- und 6 Schleusen im Trollhättenkanal. Ulli ist ein wenig nervös vor dem Schleusen gewesen, dabei ist es, wenn man sich an die Anweisungen des netten Schleusenpersonals hält, echt easy! Bei Bergfahrt die Achterleine senkrecht nach unten belegen, Vorleine ca. 1/2 Schiffslänge vor dem Schiff belegen und mit der Winsch nach und nach durchsetzten. Das war es auch schon. Den Erzählungen nach soll allerdings die ein oder andere Ehe und auch Eheähnliche Beziehung die insgesamt 64 Schleusen nicht schadlos überstehen, drum spricht der Volksmund auch vom „Scheidungskanal“. Wie auch immer, unsere Reise wird in den nächsten zwei bis drei Wochen eine komplett andere Dimension erreichen, die täglichen Strecken werden kürzer, beschaulicher und vom Rhythmus der Schleusungen geprägt sein. Das Landschaftsbild ändert sich hinter jeder Biegung und man tuckert durch Wiesen und Wälder.
Schon zeitig haben wir Oxelösund verlassen und uns auf den Weg nach Stegeborg gemacht. Die ersten Seemeilen konnten wir noch unter Segel bestreiten. Ab der Mittagszeit schlief der Wind dann mehr und mehr ein, so dass wir die letzte Stunde unter Maschine zurücklegen mussten. Stegeborg gilt als einer der Anlaufstellen für alle Ost-West Kanalfahrer. Dementsprechend schwer wird es vor allem in der Hauptsaison Juli-August hier noch einen freien Liegeplatz zu ergattern. Wir hatten Glück und einen der letzten freien Plätze ausgemacht und ratzfatz lag die Ratzfatz fest vertäut am Steg. Nachdem das geschafft war, galt es die nähere Umgebung und insbesondere die geschichtlich bereits im Jahr 1310 erwähnte Burganlage zu erkunden. Neben der Burg gab es bis auf ein Restaurant, einen Minishop, einem Campingplatz, und der Seilfähre nicht viel zu entdecken. Morgen geht es dann nach Mem, ab hier beginnt unser Abenteuer „Göta-Kanal“.
Was für eine Nacht, in der Ankerbucht zwischen den Inseln Aspö und Aspskär herschte die totale Ruhe. Ich denke es war einer der ruhigsten, lauschigsten und heimeligsten Plätze unserer bisherigen Reise. Von der Sonne wach geküsst und nach einem ausgiebigen Frühstück haben wir uns auf den Weg nach Oxelösund gemacht. Hier wollten wir noch einmal unserer Vorräte auffüllen und Diesel bunkern, bevor es weiter in Richtung Mem dem Eingang zum Göta-Kanal geht. Oxelösund fällt schon von weitem durch seine Industrieansiedlung und insbesondere dem Stahlwerk von SSAB auf. Der Anblick von See wie auch der spätere Gang durch die Stadt erinnerte mich unweigerlich an meine 380 km vom Wohnort entfernt berufliche Wirkstätte. Also galt es, schnell wieder weg hier!
Endlich mal wieder etwas wärmer. Die fast 20°C und Sonnenschein lassen sommerliche Gefühle aufkommen und mutig wie wir sind, bleiben lange Hose und Pullover im Schrank. Für heute haben wir uns eine Ankerbucht zwischen der Insel Aspö und Aspkär ausgesucht. Die Fahrt dorthin verläuft relativ unspektakulär durch den äußeren Schärengürtel. Am Ziel angekommen müssen wir erfreulicherweise feststellen, dass die schwedische Seglervereinigung in der Bucht zwei Bojenplätze eingerichtet hat. Somit wird uns das Ankergehen erspart und wir können sicher an der Boje festmachen. Der Törnführer „Schweden Süd /Ostküste“ hat in seiner Beschreibung „Traumhafte Ankerbucht zwischen den Inseln Aspskär und Aspö“ wahrlich nicht übertrieben.
Wir sind heute um 14:00 in Nynäshamn angekommen. Die Fahrt von Stockholm hierher glich stellenweise einer Kanalfahrt und führte uns durch den schönen Skurusundet, Lännerstasundet und der sehr schmalen Meerenge Boggenstäket bis nach Dalarö. Der Gästehafen am Dalarökanal löste aufgrund des sehr unruhigen Liegeplatzes bei uns keine Begeisterung aus. Bis spät in die Nacht herrschte Motorboot Rushhour auf dem direkt neben dem Hafen liegenden schmalen Dalarökanal. Jegliches motorisierte Wassersportgefährt knatterte dicht an unserem Liegeplatz vorbei, wobei der ein oder andere sichtlich Spaß daran hatte, wenn die Masten der Segelboote im nahen Hafenbecken durch den von ihm erzeugten Schwell Tango tanzten. Diese Spacken waren definitiv Gift für meine Nerven und wir sehnten uns nach den beschaulichen letzten Monaten zurück. Von Dalarö selbst haben wir außer der Pizzeria im Ort nicht viel gesehen bzw. geschmeckt. Fazit: Pizza und Pasta waren ok. Gasthamn am Dalarö- Kanal in der Hauptsaison und bei Ausflugswetter nicht zu empfehlen! Heute früh ging es dann weiter nach Nynäshamn. Der Wetterbericht sagte 4-5 in Böen 6 Bft. aus Südwest vorher. Eigentlich ein super Wind für unsere Ratzfatz, doof war dabei nur, dass Nynäshamn genau südwestlich von Dalarö liegt. Folglich ging es wieder unter Motor gegen Wind und Welle. Den Gasthafen von Nynäshamn erreichten wir nach 5 Stunden Fahrt. Angekommen und festgemacht ging es gleich los den nächsten Bootsausrüster ausfindig zu machen. Wir hatten uns vor der Abfahrt und in Vorbereitung auf den Götakanal noch weitere Fender zugelegt. Um Stauraum zu sparen, hatten wir die Fender vor der Reise nicht aufgepumpt. Was ich jedoch nicht bedacht habe, war den passenden Ventiladapter für die Majoni Ventileinsätze mit einzupacken. Jetzt war unsere Hoffnung den passenden Adapter hier in Schweden zu bekommen. Leider konnte der Bootsausrüster nicht helfen und schickte uns zum drei Kilometer entfernten Einkaufscenter. Dort gäbe es ein Sportgeschäft, welches uns vielleicht mit einer Ballpumpe bzw. den passenden Adapter weiterhelfen könnte. Also Fußmarsch zum Einkaufscenter, um dann mit leeren Taschen wieder zurück zu kehren. Außer Blasen an den Füßen haben wir nix bekommen. Wieder an Bord, war dann Bastelstunde angesagt. Mit viel Phantasie und Ehrgeiz haben wir es geschafft eine Adapterähnliche Befüllvorrichtung zu zaubern. Ergebnis: Drei Fender aufgepumpt, ein Fender bzw. das Ventil hat’s nicht überlebt.
Unser persönliches Stockholm Highlight war sicherlich das „VASA Museum“ Die Vasa, die seinerzeit größte Galeone wurde im Auftrag von Schwedens König Gustav Adolf II erbaut und sollte als ultimative Waffe im Krieg gegen Polen dienen. Allerdings erwies sich das Superschlachtschiff aufgrund seiner Toplastigkeit als nicht seetüchtig und sank bereits bei der Jungfernfahrt nach guten 1,5 km. Bei dem Untergang waren ca. 470 Mann Besatzung an Bord, bis zu fünfzig verloren dabei Ihr Leben. Das Schiff war aufgrund des zweiten Kanonendeck dermaßen rank und Toplastig, dass der kleinste Windhauch ausreichte, um soviel Krängung zu erzeugen, dass Wasser durch die offenen Kanonenluken eindrang und somit zum Untergang der Wasa führte. Genau 333 Jahre später (1961) wurde das Schlachtschiff gehoben und seitdem permanent restauriert. Seit 1990 ist das größte und einzig erhaltene Kriegsschiff aus dem 17. Jahrhundert zu besichtigen. Ein weiterer Höhepunkt war der Besuch des Museums „Skansen“. Das Freilichtmuseum wurde bereits im Oktober 1891 eröffnet und ist somit das älteste und größte Freilichtmuseum auf der Welt. Es war ursprünglich als Erweiterung des Nordiska Museum geplant und zeigt heute das Schweden der letzten Jahrhunderte. Der Besuch ist wie eine Zeitreise in die Vergangenheit und hat uns nachhaltig beeindruckt. Morgen werden wir Stockholm verlassen und unserer Reise geht weiter in Richtung Mem. Wir wollen Schweden von Ost nach West via Göta- und Trollhättenkanal queren.
Na, das kann ja heiter werden! Der Tag fing heute früh voller Frust und Ärger an, mein Handy meinte nach einem Software Update sich in die Werksstellung zurück setzen und dabei gleich alle nicht auf der SD-Karte gespeicherten Daten ins Nirwana schicken zu müssen. Nachdem ich eine Stunde damit verbracht habe, das Teil wieder in einem halbwegs akzeptablen Zustand zu bringen, sollte es endlich losgehen. Doch dann spielte der Seekartenplotter verrückt, „kein GPS- Signal“ war die Störmeldung. Nachdem ich die Kabelverbindungen überprüft und den Plotter zwei mal neu gestartet habe, war die Satellitenwelt für den Plotter wieder in Ordnung (Erklärung habe ich keine) und wir haben uns auf die Socken nach Stockholm gemacht. Angefahren haben wir auf Empfehlung den Vereinshafen Navishamnen. Hier liegen wir unterhalb der alten Mühle am Frisens Park deutlich ruhiger wie im zentraleren Wasahamn, sind aber auch innerhalb von 10 Min. in der City. Was für eine Stadt, einfach nur genial! Zwar vollkommen erschlagen von den vielen Eindrücken, haben wir Stockholm bereits nach der ersten Erkundung via Fahrrad und zu Fuß ins Herz geschlossen und zu einer unserer Lieblingsstädte erklärt. Die Stadt strahlt bei einem solch schönen Tag wie heute einen ganz außergewöhnlichen Flair aus. Die vielen großen Prachtbauten, das Schloss, die Altstadt, die Museen, tausende von Straßencafes- und Restaurant’s die ganze Stadt ist voller Leben und Kultur und eine riesengroße Freilichtbühne. Wir werden drei bis vier Tage in Stockholm bleiben, um zumindest einen Teil der vielen Sehenswürdigkeiten abzuarbeiten. All das, was wir uns heute von außen im Schnelldurchlauf angesehen haben, werden wir sicherlich nicht schaffen.
Für heute stand ein Hafentag inkl. Besichtigung des Kastells von Vaxholm auf dem Plan. Vaxholm ist eine kleine quirlige Stadt vor den Toren Stockholms. Von hier aus gibt es viele Fähr- und Schiffsverbindungen ins nahegelegen Umland sowie in die Hauptstadt Stockholm. Hauptattraktion ist aber sicherlich das alte Kastell, welches der seeseitigen Bewachung Stockholms diente. Die Festung wurde im Jahr 1548 erbaut und später mehrmals erweitert bzw. umgebaut. Seine heutige Form erhielt das Kastell im Jahr 1833.
Was für ein Wetter, während der heute fünfstündigen Fahrt nach Vaxholm hatte Petrus sein gesamtes Portfolio über uns ausgeschüttet. Sonne, heftige Gewitterböen mit Graupelschauern, Starkregen, der im Gesicht schmerzte, strahlender Sonnenschein, von allem etwas und zwar im regelmäßigen Wechsel. Vor der Hafeneinfahrt von Vaxholm war es für 10 – 15 Minuten so heftig, dass wir draußen Kreise gedreht haben, um auf Besserung zu warten. Das Risiko beim Anlegemanöver im engen Hafenbecken Bruch zu fahren, war uns einfach groß.